Die Türks - eine erfolgreiche Claußnitzer Strumpfwirkerfamilie
Mit dem Reichtum alteingesessener Claußnitzer Bauern konnte es die Familie Daniel Gottlob Türks nicht aufnehmen, wohl aber mit deren Fleiß. Mit ihrem Handwerk, der Strumpfproduktion lagen sie Mitte des 18. Jhd. im Aufwärtstrend der Zeit.
Doch vor dem „Siebenjährigen Krieg“(1756-63) mit maßlosen Steuern, Geldverfall und preußischer Verwaltung blieben auch sie nicht verschont. Nach Sachsens Zusammenbruch kam es unter Einfluss aufgeklärter Adliger und wirtschaftlich handelnder Bürger zu ökonomischem Aufschwung. In die Staatsverwaltung drangen fortschrittliche Neuerungen gewissermaßen „schleichend“ ein. Dann aber, nach mehreren Missernten folgten 1770/71 Teuerung und eine verheerende Hungersnot. Auf dem Dorfe half man sich vor dem Verhungern mit vorzeitig ausgegrabenen Kartoffeln, grünen Ähren, Eichelbrot oder Nesselsuppe. Nicht weit jedoch, in den menschenvollen Städten des Erzgebirges aber streckte der Tod die ausgehungerten Leiber dahin. Der inzwischen etablierte Kartoffelanbau und die um 1770 aufgekommene Kunstdüngung hatten aber bereits einiges zur Linderung der Hungerkatastrophe tun können.
Noch konnte lediglich die Hälfte der Dorfbevölkerung wirklich lesen und schreiben. Die andere Hälfte ließ ihre wenigen Schriftstücke für ein paar Pfennige beim Schulmeister schreiben. Mancher der gebildet erscheinen wollte, ließ sich „vorschreiben“ und „malte“ den Text dann mühselig ab. Im Erzgebirgischen soll der Wildschütz Karl Stülpner damit eine ganze Woche verbracht haben.
Bei den Claußnitzer Türks war das anders. Unter handwerklich-vorindustriellen Verhältnissen lebend, hatte man die Notwendigkeit angemessener Bildung schon erkannt. Bereits der Großvater Daniel Gottlob Türks war Gerichtsschreiber, Glaser, Musiker und „Schulhalter“ in Grüna gewesen. Vater Daniel Türk(e) stammte ebenfalls aus Grüna und hatte eine Ausbildung als Strumpfwirkermeister erhalten.
Dass sich Meister Türke gerade in Claußnitz niederließ, war kein Zufall. Viele der etwa 50 Häusler waren hier vor 1750 Leineweber. Nun war die Strumpfwirkerei aufgekommen und gewinnversprechender geworden. Der hohe Anteil von einstigen Webern verursachte einen deutlichen Konkurrenzdruck und brachte eine leistungsfähige Strumpfproduktion zuwege.
Strumpfwirkermeister Daniel Türke heiratete 25 jährig die vier Jahre jüngere Maria Rosina Müller. Sie entstammte einer Gärtnerwirtschaft und Fleischerei aus Diethensdorf. 1746 wurde die erste Tochter Maria Rosina geboren. Sie trug den gleichen Namen wie ihre Mutter.
Meister Türk kaufte 1748 ein kleines Haus an der Ecke obere Dorfstraße (damals Viehweg) und der Chemnitzer Straße. Hier stellte er seinen Strumpfwirkerstuhl auf und wohnte mit seiner Familie. Vorher war dieses Häuslein das Auszugshaus der Witwe Pfarrer Scheubners und deren Tochter gewesen. Am 10. August 1750 kam Daniel Gottlob als erster Sohn der Türks in diesem kleinen Hause zur Welt.
Lange Zeit hatte man angenommen, der spätere Universitätsmusikdirektor sei in dem größeren, ehemaligen Geschäftshaus unmittelbar an der Oberen Dorfstraße geboren worden. Dieses größere Haus stand aber zur Zeit als Daniel Gottlob Türk seine Kindheit in Claußnitz verbrachte noch gar nicht . Es wurde offenbar erst um 1809 als Laden mit Branntweinbrennerei gebaut, als Nachkommen des Bruders Christian Friedrich schon zu Wohlstand gekommen waren.
Betrachtet man in diesem Bereich die Baufluchtlinie der Oberen Dorfstraße, so kann man feststellen, dass sich das kleine Häuslein genau in der Reihe der anderen alten Häusleranwesen befindet. Die hofseitig über dem Türstock befindliche Jahreszahl 1809 dürfte sich auf den Bau des größeren Geschäftshauses beziehen. Das kleine, eigentliche Geburtshaus Türks ist viel älter. Nach Aussage von Oberlehrer Schmidt trug es über der Tür eine Jahreszahl, die bereits 1923 nicht mehr lesbar war.
Nach Daniel Gottlob hatten die Türks noch zwei weitere Söhne. Christian Friedrich wurde 1755 geboren. Fast sechzehnjährig wurde er ebenfalls in den Dresdner Kreuzchor aufgenommen. Er verblieb als Strumpfwirker im Ort, heiratete 1777 eine Claußnitzer Strumpfwirkertochter und hatte mit ihr sechs Kinder. Auch er wird als „Hochgräflicher Musici“ (Jagdpfeifer) bezeichnet.
Im Umfeld seiner Familie finden wir neben vereinzelten Gärtnern und Bauern vor allem die nicht-bäuerliche, gehobene dörfliche Mittelschicht aus Strumpffabrikanten, Müllern, Förstern und Hofjägern (Jagdpfeiffern), Zehntrichtern, Schulmeistern und Organisten. Er verstarb 1798 in Claußnitz.
Friedrich Gottlob wurde als jüngstes Kind 1761 geboren und verstarb bereits im Alter von 9 Monaten. 1770 starb 50 -jährig Vater Daniel Türk, die Mutter Maria Rosina 1793.
Bei der Schreibweise des Familiennamens Türke-Türk wurde von den Vorfahren Dr. Thürk‘s bis auf eine Ausnahme (Jakob Türk, Grüna 1678) die Schreibweise mit „-e“ bevorzugt. In der Claußnitzer Linie bleibt die „-e“ Schreibweise bis etwa 1837 erhalten. Lediglich bei Daniel Gottlob Türk selbst kommt es im Laufe seiner Karriere zum Wegfall. Es wird als altmodisch empfunden worden sein. (dpc)