Gemeinde Claußnitz

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Daniel Gottlob TürkAm 10. August 1750 in Claußnitz als Sohn des gräflich-schönburgischen Musicus instrumentalis Daniel Türk geboren.

Türks Vater war im Hauptberuf Strumpfwirker und arbeitete gelegentlich als Schreiber der Bergwerksbehörde. Unter der verständsvollen Leitung des Vaters wurde der kleine Daniel Gottlob an die Musik herangeführt, die sein Lebensinhalt werden sollte.

Daniel Gottlob als musikbegabter ältester Sohn des Strumpfwirkermeisters wurde eine höhere Schulbildung an der berühmten Dresdner Kreuzschule zuteil. Zu dieser Zeit war es nur begüterten Eltern möglich, ihren Kindern eine solch umfassende Schulbildung zu ermöglichen. Kantor der Kreuzschule war der Bach-Schüler Homilius.

Türk sang oft im Kreuzchor Motetten und Kantaten von Johann Sebastian Bach. Der talentierte Türk lernte hier auch das Orgelspiel. Mit 22 Jahren begann er sein Universitätsstudium in Leipzig.

Der Thomaskantor Johann Adam Hiller (1728-1804) übte auf den jungen Türk einen großen Einfluss aus. Er führte ihn in die Musik des Barock (vor allem Händel) ein und legte durch seine hervorragende theoretische und praktische Arbeit als Musikpädagoge die Grundlagen für Türks spätere Erfolge.

Nach 2 Jahren bereits (1774) begann der junge Türk seine praktische Tätigkeit in Halle, als er auf Hillers Empfehlung das Kantorat an der St. Ulrichskirche erhielt. Im Mai 1774 wurde er Nonus am Lutherischen Gymnasium, in dem er später zum Oktavus aufrückte. Mit großem Eifer widmete er sich neben Schulamt und Kantoratsposten seiner kompositorischen Arbeit.
4 Sinfonien, 1 großer Chor und 4 Kantaten (letztere nicht aufgeführt) waren seine ersten Werke.

Auf seinen eigenen Antrag vom 18.4.1779 erhielt er das Recht, an der Hallischen Friedrichs-Universität Vorlesungen über die Theorie der Musik und die musikalische Satzkunst abzuhalten. Mit dieser ehrenvollen Berufung war für Halle gleichzeitig die erstmalige Verleihung des Titels "Universitäts-Musikdirektor" verknüpft. Türk war der zweite Universitäts-Musikdirektor, der je in Deutschland ernannt wurde. Das unterstreicht eindeutig die große Bedeutung seiner Ernennung. Türk bildete sofort aus der Studentengemeinde ein akademisches Collegium musicum. Er betreute musikalisch alle Universitätsveranstaltungen und hatte Studenten und Professoren als ständigen Hörerstamm.

Als Türk mit seiner Konzerttätigkeit begann, gab es in Halle bereits ein Collegium musicum, das der Universitätsmusicus, der Flötenspieler Johann Christoph Gottfried Weinmann, leitete. Die anfängliche Konkurrenz verwandelte sich bald in eine enge Zusammenarbeit, als Weinmann Türks Stellvertreter im vereinigten Collegium musicum wurde (1782).

Türk war der erste, der durch erzieherische Arbeit an seinem Orchester dieses zu einem vorbildlichen Klangkörper fortentwickelte. Das wöchentliche Konzert war seit 1780 ein entscheidender Faktor im halleschen Musikleben. Neben Opern (nur Vortragskunst ohne Kostüm) wurden reine Instrumentalkonzerte aufgeführt, z.B. nach 1800 Werke von Beethoven, Mozart und Haydn.

Neben der kompositorischen und Konzerttätigkeit widmete sich D.G. Türk besonders dem Stadtsingechor, der unter den Folgen des Siebenjährigen Krieges schwer gelitten hatte. In diesen Jahren errang Türk als Chorerzieher bedeutende Erfolge und wurde während der nächsten Jahrzehnte der berufene Leiter des hallischen Stadtsingechores. Es begann eine spürbare Qualitätsverbesserung der Chortätigkeit, so dass der Chor sowohl zur weltlichen als auch zur geistlichen Musik wieder herangezogen werden konnte. Einzelne Sänger des Singechores wurden durch eine solide Ausbildung zu Solisten bei geistlichen und weltlichen Konzerten entwickelt.

Am 5.3.1787 kündigte er nach zehnjähriger Amtstätigkeit bei St.Ulrich. Ohne Probe wurde ihm aus 5 Bewerbern das Organistenamt der Marktkirche übertragen, weil er ein "bekannter und sehr geschickter Musicus sei." Die große Orgel der Marktkirche wurde nach seinen Plänen umgebaut. Türk war nun unbezahlter Universitäts-Musikdirektor und "Director Musicus" an St. Marien mit einem Jahresgehalt von 150 Talern.

An der Marktkirche wirkte er als Organist bis an sein Lebensende. Das Schulmeistern als Kantor und Musiklehrer am Gymnasium hatte er nun aufgegeben, "den Schulstaub abgeklopft." Nun konnte er sich verstärkt seiner wissenschaftlichen und kompositorischen Tätigkeit widmen. Durch die jahrzehntelange Beschäftigung mit dem musikalischen Erbe Georg Friedrich Händels, des größten deutschen Komponisten des Barock neben Johann Sebastian Bach, reifte bei Türk die Erkenntnis, dass Halle als Geburtsort Händels in hervorragendem Maße dazu berufen ist, ein Vorort der Händelpflege zu werden.

Dazu kam er durch folgende Impulse:

  • Bereits 1786 führte Hiller, sein einstiger Lehrer, mit der Königlichen Kapelle im Berliner Dom den "Messias" auf. 1787 hörte sich Türk das gleiche Werk in Leipzig an. Hiller wiederholte den "Messias" ein Jahr später in der Universitätskirche.
  • Durch den Umgang mit seinem hallischen Freund Johann Friedrich Reichardt vertiefte Türk seine Händelkenntnisse. Reichardt war Liederkomponist und Verehrer Händels. Er schrieb 1785 das Buch "G.F. Händels Jugend" und gab seit 1782 das "Musikalische Kunstmagazin" heraus. Hier drang er tief in Händels Lebenswerk ein, analysierte Arien, Chöre, Oratorien ("Messias", "Alexanderfest") und Opern ("Julius Caesar", "Tamerlan").

Für die Realisierung seines Vorhabens musste Türk einige organisatorische Voraussetzungen für Großveranstaltungen schaffen:

  • einen stärker besetzten Chor
  • ein in schwierigen Aufgaben schon bewährtes Orchester
  • überdurchschnittliche Solisten
Der Stadtsingechor hatte eine regressive Mitgliederzahl:
  • 1781 32 Sänger
  • 1800 20 Sänger
  • 1808 15 Sänger.

Er musste für Aufführungen dieses Umfanges durch Studenten und Bürger verstärkt werden. Als Orchester stand die Kapelle des Stadtmusikus Wansleben zur Verfügung. Sie wurde verstärkt durch begabte Laien.

Am 25. Dezember 1803 wurde nach wochenlanger intensiver Probenarbeit 17 Uhr im Ratskeller der "Messias" uraufgeführt. Musikdirektor Türk leitete vom Cembalo, der Orgel oder als 1. Violinsolist das Konzert. Die weibliche Solostimme übernahm Demoiselle Weinmann, die älteste Tochter des Kapellmeisters. Das war damals ungewöhnlich, weil meist Männer die Frauenrollen sangen oder im Theater spielten.

Im Hallischen Patriotischen Wochenblatt vom 24. Dezember 1803 stand folgende Anzeige:

  • "Künftigen ersten Feyertag, Sonntag den 25, Dec., werden wir in den gewöhnlichen Concert- Saale, Abends um 5 Uhr, Händels berühmtes Meisterstück, den Messias, zum erstenmal nach der nun erst seit kurzem herausgekommenen Bearbeitung von Mozart aufführen. Türk. Weinmann.
  • " Ein Jahr später wurde das Stück wiederholt. Diesmal aber mit noch vollständigerer Besetzung als im vorigen Jahre. 1805 wurde wiederum am 1. Weihnachtsfeiertag der Messias aufgeführt. Die schmähliche Niederlage der Preußischen Armee 1806 bei Jena und Auerstedt brachte diese erfreuliche Entwicklung zum Stillstand. Türks Pioniertat, in Halle eine Händeltradition zu begründen, blieb im Fragment stecken, obwohl Türks Händelaufführungen für Halle ein Ereignis waren.
  • Die unsichere politische Lage im Zusammenhang mit Napoleons Expansionsbestrebungen und eine gewisse innere Unsicherheit dem Händelschen Genius gegenüber standen einer vollen Auswirkung echter Händelbegeisterung hinderlich im Wege. Türk erkannte, dass mit den ihm zur Verfügung stehenden musikalischen Mitteln der monumentale Stil Händelscher Oratorien nur schwer herauszuarbeiten sei. Erst nach den Befreiungskriegen wagte man, in Halle Händel erneut zu huldigen.
  • In der DDR der 50er Jahre wurde die Händeltradition in Halle wiederentdeckt. Seit 1952 finden in der Geburtsstadt des großen Meisters alljährlich die Händelfestspiele statt, die einen Höhepunkt in der Pflege der Barockmusik in Deutschland darstellen. Wenn Besucher und Solisten aus dem In- und Ausland nach Halle kommen, um sich an der Musik des genialen Barockmeisters zu erfreuen, ist Türks Vermächtnis erfüllt, der als erster in Halle eine Händeltradition ins Leben rief.

Literatur:

  • Archiv der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
  • Dr. Grete Thieme-Hedler, Dr. Serauky: Daniel Gottlob Türk - Der Begründer der hallischen Händeltradition Georg Kallmeyer Verlag Wolfenbüttel und Berlin 1938
  • Walter Serauky: Musikgeschichte der Stadt Halle Band II/1 Buchhandlung des Waisenhauses G.m.b.H. Halle/Saale - Berlin 1939

Forschungen:

  • Harald Weber, Taura - mit Unterstützung durch Herrn Kantor Teubner, Claußnitz
 
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